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Stickereimuseum in Ennigerloh schließt nach 20 Jahren
20 Jahre lang zeigte das Museum in Ennigerloh Stil und Eleganz vergangener Epochen. Am 6. Juli öffnet es zum letzten Mal seine Türen.
Der Stoff ist dünn, es ist eher ein Hauch von einem Kleid. Dafür ist es reich verziert. Vor mehr als 100 Jahren wurde es mit Blüten und Blättern bestickt. Wem es einmal gehört hat, weiß Monika Schmillenkamp, Leiterin des Museums ,,Stickerei, Spitze & Co." in der Alten Brennerei Ennigerloh, nicht. Nur, dass seine Besitzerin es mit Stolz getragen haben muss. ,,Es ist ein Tageskleid aus Frankreich", sagt sie. ,,Das hatte man an, wenn man durch einen Park flaniert ist." Es wird, wie die übrigen 500 Exponate der Ausstellung, am 6. Juli vorerst zum letzten Mal öffentlich gezeigt. Danach schließt das Museum.
Es wird ein normaler Öffungstag werden, sagt Monika Schmillenkamp. ,,Ich verabschiede mich ohne großes Tamtam", sagt die 79-Jährige. ,,Denn das würde mir zu schwer fallen." 20 Jahre lang zeigte die Dauerausstellung den Stil und die Eleganz vergangener Epochen, in denen das Sticken ein geschätztes Handwerk war. Aus eigener Sammelleidenschaft hatte die Museumsleiterin seit Ende der 1970er-Jahre historische Alltagsobjekte und Luxusartikel aus ganz Europa zusammengetragen, vom Taschentuch bis zum Brautkleid, von der Babyhaube bis zum Tabakbeutel. ,,Es war eine richtige Kunst und der Stolz jeder
Hausfrau". erklärt Monika Schmillenkamp. ,,Es waren hochwertige Stoffe und Garne, vieles gehörte auch zur Aussteuer, die ein Leben lang halten musste. Bettwäsche zu haben, die ein Leben lang hält, das kann sich heute kaum jemand mehr vorstellen. Dieses Handwerk geht verloren", sagt sie. ,,Niemand hat mehr diese Geduld, diese Ausdauer. Man könnte diese Arbeit heute auch gar nicht mehr bezahlen. Stickerei und Spitze seien seit den 1990er-Jahren auch immer mehr aus den Museen entfernt worden. Das fand ich schlimm. Die Textilien, die den Menschen von früher lieb und teuer gewesen seien, seien wohl in Kellern verschwunden."So wurde die Stickereiliebhaberin aus Ennigerloh in ihrem Museum selbst zur Botschafterin dieses Handwerks. Sie rief seit 2005 mit ihrer großen Sammlung Erinnerungen an ein längst vergangenes Alltagsleben wach. Auch Persönliches gehörte zur Ausstellung. ,,Als ich sechs Jahre alt war, habe ich eine Schürze bestickt", erinnert sie sich. ,,Das war schwer, es war ein sehr dicker Stoff." Ihre Tante habe sie angeleitet. ,,Wenn Stiche schlecht waren, musste ich sie wieder aufmachen. Aber wenn sie gut waren, bekam ich 10 Pfennig. Die Weißstickerei - weißes Garn auf weißem Stoff - und Mustertücher mit Stickvorlagen, das sind die Lieblingsstücke von Monika Schmillenkamp. Wobei sie es über die Jahrzehnte geschafft hat, mit ihren Exponaten eine außergewöhn- lich große Bandbreite zusammenzutragen. ,,So wie ich gesammelt habe, haben das wenige gemacht " sagt sie. ,,Ich wollte möglichst viele unterschiedliche Sticktechniken zeigen." Das begeisterte nicht nur Besucher aus Deutschland sondern vor neun Jahren auch ganz besonders eine Gruppe aus Japan. ,,Da war das Sticken gerade wohl sehr im Trend", sagt Edith Barth Vorsitzende des Vereins Alte Brennerei Schwake. ,,Zur Gruppe gehörte eine Stickereilehrerin aus Osaka. Sie fragte, ob ich sie im Museum einschließen könnte, damit sie alles noch länger bewundern kann. Sie hatte noch nie so viele Sticktechniken auf einmal gesehen."
Die Stickerei habe früher eine wichtige Rolle gespielt, betont Edith Barth. Die Frauen, die diese Aufgabe hatten, wurden nicht zur Arbeit auf dem Feld oder in den Stall geschickt. Die Hände sollten fein und glatt bleiben. Mit dem Museum verliere Ennigerloh definitiv ein Stück Kultur- und Frauengeschichte. Auch die vielen Sonderausstellungen, die die Museumsleiterin vorbereitet habe, seien Besuchermagnete gewesen. Bei der Rosenausstellung kamen 200 Menschen schon zur Eröffnung`, erinnert sich Edith Barth. ,,Insgesamt waren es 2500 Besucher. Ohne ihren Mann hätte sie es nicht geschafft, blickt Monika Schmillenkamp zurück. Wilfried Schmillenkamp, der vor zwei Jahren verstarb, habe sich um Organisatorisches gekümmert und ihr damit den Rücken freigehalten. Wir haben so viele Stunden hier verbracht." Gern hätte Monika Schmillenkamp, die in diesem Jahr ihrem 80. Geburtstag entgegenblickt, die Museumsleitung in jüngere Hände gelegt. Es habe sich niemand gefunden. Was mit den Exponaten geschieht, weiß sie noch nicht. ,,Ich habe einige Museen angesprochen, die kein Interesse hatten. Ich würde alles verschenken. Sie fände es schön, wenn die Sammlung bestehen bliebe. ,,Aber das Gästebuch nehme ich mit. Das liegt hier seit Beginn, es ist fast voll.".
Der nächste und zugleich auch letzte Öffnungstag ist Sonntag, 6. Juli, von 14 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Foto & Text: Helmers, Die Glocke
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